Überschüssiges Gewebe – Vortrag von Dr. Anna-Katharina Meßmer zum Thema Intimchirurgie

Fotograf: Götz Schleser.

Wenn es um Praktiken der Selbst- und Körpermodifikation geht, wird häufig ausgeblendet, dass es jenseits von Piercings, Tattoos und Implantaten gerade Frauen schon sehr lange ihren Körper aus einer ganzen Reihe von Gründen verändern. Ein Beispiel ist die Intimchirurgie. Dr. Anna-Katharina Meßmer hat darüber das Buch „Überschüssiges Gewebe“ geschrieben und wird im Rahmen dieses Vortrages mehr über Praktiken, Verbreitung und Bewertung von Intimchirurgie erzählen.

Termin: Montag, 18. September, 20.00 Uhr, Lacuna Lab, Paul-Linke-Ufer 44a, Berlin (Aufgang im Hinterhof, nicht barrierefrei)

Chip-Implantat am Arbeitsplatz: Mythen und Legenden

Derzeit macht eine Nachricht die Runde, dass eine US-Firma demnächst eine Implant-Party veranstaltet, auf der ihre Mitarbeiter gechipped werden sollen. Die Aufregung darum ist groß. Dass in den betreffenden Meldungen allerlei Mythen verbreitet werden, macht es nicht leichter.

Überwachung

Eine durchgehende Überwachung der Mitarbeiter ist mit diesen Chips nicht möglich. Die Chips können nur aus sehr geringen Distanzen ausgelesen werden. Es ist letztlich egal, ob ich einen individualisierten Zahlencode, eine Keycard oder einen implantierten Chip verwende: In allen Fällen weiß der Arbeitgeber, wann welche Arbeitnehmer das Gebäude betreten oder verlassen. Wer mit diesem Argument implantierte Chips ablehnt, muss also auch individuelle Zahlencodes oder Keycards ablehnen. Insbesondere die meist auf RFID basierenden Keycards, die zumeist von ihren Mitarbeitern im Portemonnaie getragen werden, können unter Umständen auch aus größeren Distanzen ausgelesen werden, ähnlich wie übrigens auch das RFID-Tag, das sich standardmäßig im Personalausweis befindet. Der implantierte Chip ist also für Mitarbeiter, die sich sorgen, auch jenseits der Pforte überwacht zu werden, die sicherere Lösung.

Epicenter

In diversen Artikeln (zum Beispiel hier) wird das Epicenter erwähnt. Dieses sei angeblich ein schwedisches Startup, das seine 150 Mitarbeiter gechipped habe. Das ist leider eine Legende. Bei Epicenter handelt es sich um einen Co-Working-Space. Epicenter hat selbst kaum Mitarbeiter, sondern Freelancer können sich bei Epicenter einen Desk mieten und mit anderen Freelancern co-worken. Es gibt dort kein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis zwischen der Leitung des Coworking-Spaces und denjenigen, die dort arbeiten. Dass man sich dort chippen lassen kann, um dann mit diesem Chip statt einer Keycard das Gebäude zu betreten und andere Dienste zu nutzen, ist ein freiwilliger Service, der von den Nutzern des Epicenter gerne in Anspruch genommen wird. Sich zu wundern, dass Leute das freiwillig tun ist etwa so, als wundere man sich, dass ein Artist im Tattoo-Studio selber auch Tattoos hat.

Auslesen von Gesundheitsdaten

Vielfach wird behauptet, diese Chips könnten vom Arbeitgeber genutzt werden, um Körperfunktionen und Gesundheitsdaten zu überwachen. Das ist bei den uns bekannten, derzeit auf dem Markt erhältlichen Chips nicht der Fall. Trotzdem ist der Einsatz von implantierten Chips nicht unproblematisch:

Freiwilligkeit

Sich ein reiskorngroßes Chip-Implantat spritzen zu lassen, ist weitaus weniger schmerzhaft als das Stechen eines Ohrlochs. Die Implantate werden vom Organismus gut vertragen, dazu gibt es jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Chippen von Haustieren. Dennoch muss selbstverständlich respektiert werden, wenn Menschen das nicht wollen. Chip-Implantate für Payment, Identifikation oder Einlasskontrolle könnten ausgesprochen praktisch sein, es müssen aber grundsätzlich alternative Möglichkeiten angeboten werden, etwa eine Keycard für diejenigen, die keinen Chip nutzen möchten – oder im Payment-Bereich das gute alte Bargeld. Das ist natürlich im Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis ein Problem, da hier nicht per se von Freiwilligkeit ausgegangen werden kann. Arbeitgebern kann der Einsatz solcher Technik also nur gestattet werden, wenn sie Alternativen anbieten und nicht davon auszugehen ist, dass diese nur auf dem Papier bestehen und subtiler Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt wird.

Sicherheit

Theoretisch könnten Chip-Implantate die Sicherheit drastisch erhöhen. Es ist schwer sie zu stehlen und sie können – entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt – alles ersetzen, was sich im Portemonnaie findet. Wem schonmal das Portemonnaie gestohlen wurde, kennt den enormen Kosten- und Zeitaufwand, bis alle Karten gesperrt und wieder besorgt sind. Leider hat die Sache einen Haken: Die Chips können mit mittlerem Aufwand gefälscht werden, was einen umfassenden Identitätsdiebstahl ermöglichen würde. Solange es keine hinreichende Fälschungssicherheit für passive RFID- und NFC-Chips gibt, birgt deren flächendeckende Einführung hohe Sicherheitsrisiken, unabhängig von der Frage, ob man sie implantiert oder in der Hosentasche mit sich herumträgt.

TV-Doku: Cyborgs among us

Vor einigen Monaten war der spanische Filmemacher Rafel Duran bei uns zu Gast und hat auf einem unserer Treffen gefilmt. Das Ergebnis ist eine sehr gelungene Doku über die internationale Cyborg- und Bodyhackerszene. Vorgestellt werden neben dem Cyborgs e.V. auch Grindhouse Wetware und Cyborg Nest und es tauchen viele Menschen Cyborgs aus der Community darin auf. Der Film war bisher in Frankreich, Spanien und Deutschland zu sehen und läuft demnächst auch noch in Dänemark, Norwegen und Schweden. Die etwas gekürzte deutsche Fassung lief unter einem etwas reißerischen Titel bei ZDFinfo und ist noch bis zum 20. August in der Mediathek zu sehen. Leider dürfen wir den Film nicht ins Netz stellen, aber immerhin den Trailer:

4. Juli: René Walter – Das geile, neue Internet

Vortrag von René Walter am Dienstag, 04.07. um 20.00 Uhr im Lacuna Lab, Paul-Lincke-Ufer 44a, Kreuzberg

Update: Das Interesse ist so groß, dass wir eventuell Leute wegen Überfüllung abweisen müssen. Es wird aber einen zweiten Termin geben, den wir hier bekannt geben.

Seit über zehn Jahren dokumentiert René Walter auf seinem Blog „Nerdcore“ interessantere Ausformungen der Netzkultur. Diese Netzkultur unterliegt neuartigen sozial-technologischen Regeln, die aufgrund ihrer beinahe totalen Gesellschaftsdurchdringung alle anderen sozialen Rituale beeinflussen, ändern oder gar ganz abschaffen. Die Vernetzung schafft so an vielen Stellen mikroskopische und makroskopische Paradoxa, die sich oft durch hohe Emotionalität auszeichnen. Die endlosen Loops der neuen Rituale halten den Menschen im Zustand der Dauererregung: Willkommen im neuen, geilen Internet.

Vortrag mit Diskussion, Eintritt frei, der Ort ist leider nicht barrierefrei

4. Okt: Und dann waren sie Cyborgs. Einführung in das kybernetische Denken

Als informationstechnische Universaltheorie beansprucht die Kybernetik Systeme jedweder Art beschreiben und über die Feedbackmechanismen regeln zu können. Mechanische, organische oder soziale Systeme sind für die Kybernetik letztlich alle Informationssysteme, die mit den gleichen Methoden programmiert werden können. Zwar unterscheiden sich die verschiedenen Systeme in ihrer Materialität, aber sie funktionieren auf der Grundlage der immer gleichen Regelkreise. Diese funktionale Ähnlichkeit löste in der Populärkultur eine Faszination für hybride organisch-technische Systeme aus: Der Cyborg war geboren.

Max Grünberg ist Kulturanthropologe mit einem Interessenschwerpunkt für das Verhältnis vom Menschen zu Medien und Technik. Derzeit schreibt er seine Masterarbeit über das Quantified Self und Wechselwirkungen verschiedener Selbstbeobachtungsmodi.

Vortrag und Diskussionsabend für Cyborgs und interessierte:

Dienstag, 4. Oktober 2016 um 20.00 Uhr

Lacuna Lab, Paul-Lincke-Ufer 44a, Berlin-Kreuzberg (leider nicht barrierefrei)

Termine im September

17.09.16 Cyberpunk, cyberware and cyber visions in 90th RPGs

  • Vortrag von Jan-Claas van Treeck
  • Samstag, 17. September 2016 um 20.00 Uhr
  • Lacuna Lab, Paul-Lincke-Ufer 44a, Kreuzberg

20.09.16 The connected body – making humans a part of the internet of things

22.09.16 Cyborg Meetup Cologne

  • Meetup about Cyborgism
  • Donnerstag, 22. September 2016 um 20.30 Uhr
  • Die Adresse in Köln wird noch bekannt gegeben. Bitte unter folgendem Link anmelden.

17.06. im Medientheater – The 3D Additivist Manifesto

additivism

#Additivism Description

The 3D printer is a profound metaphor for our times. A technology for channelling creative endeavour, through digital processes, into the layering of raw matter excavated from ancient geological eras. Considered as a tool for art, design and engineering, and gesturing towards a forthcoming era of synthetic chemistry and biological augmentation, 3D fabrication technologies are already a site of common exchange between disciplines and forms of materiality.

3D fabrication can be thought of as the critical framework of #Additivism: a movement that aims to disrupt material, social, computational, and metaphysical realities through provocation, collaboration, and ‘weird’ / science fictional thinking. Additivism embraces the 3D Printer in the same way that Donna Haraway embraced the figure of the Cyborg in her influential text A Cyborg Manifesto (1983). By considering the 3D printer as a technology for remodelling thought into profound, and often nightmarish, new shapes – Additivism aims to expose inbetweens, empower the powerless, and question the presupposed.

Joint Biography

#Additivism is a collaboration between artist and activist Morehshin Allahyari and writer/artist Daniel Rourke. Morehshin Allahyari’s work with 3D printing, especially her ‘Dark Matter’ and ‘Material Speculation: ISIS’ series, focuses on the poetic relationship between 3D printing, plastic, oil, jihad and Technocapitalism and their relationship to activism and the political conditions of our time. Daniel Rourke’s written and artistic work investigates speculative and science fiction in search of a radical ‘outside’ to the human(ities), including extensive work on the intersection between digital materiality and the arts. additivism.org / @additivism

 

Termine im Juni

03.06.16 There is no such thing as „becoming a cyborg“

  • Vortrag von Jan Claas van Treeck
  • Freitag, 03. Juni 2016 um 14.00 Uhr
  • HU Berlin, Sophienstr. 22A, Raum 0.02

04.06.16 Die Dunkle Seite, Entfremdung von der Natur™ als emanzipatorisches Tool

  • Vortrag von Elle Nerdinger
  • Samstag, 04. Juni 2016 um 13.00 Uhr
  • Bended Realities Festival für Digitalkultur, Offenbach

04.06.16 Plug’n’Play @ Lacuna Lab

  • Susanna Hertrich: Neue Sinne und Sinnesprothesen für eine veränderte Umwelt
  • Samstag, 04. Juni 2016 um 20.00 Uhr
  • Lacuna Lab, Paul-Lincke-Ufer 44a, Berlin

17.06.16 Plug’n’Play @ Medientheater

  • Zu Gast: die Künstlerin und Aktivistin Morehshin Allahyari
  • Freitag, 17. Juni 2016 um 20.00 Uhr
  • Medientheater der HU, Georgenstr. 47, Berlin

26.06.16 Die Zumutung des Hörens

4.6. im Lacuna Lab – Susanna Hertrich: Neue Sinne und Sinnesprothesen für eine veränderte Umwelt

susanna_hertrich_mSusanna Hertrich ist Künstlerin an der Schnittstelle zwischen Kunst, Design und Technologie. Sie beschäftigt sich mit der Schwelle zwischen unserer Sinneswahrnehmung und den Dingen, die wir nicht mehr spüren können. Für diese baut sie Prothesen, die das unerlebte fühlbar machen und stellt sie im Lacuna Lab vor.

Termin:

  • Susanna Hertrich: Neue Sinne und Sinnesprothesen für eine veränderte Umwelt
  • Samstag, 04. Juni 2016 um 20.00 Uhr
  • Lacuna Lab, Paul-Lincke-Ufer 44a, Berlin